Texte und Bilder Klaus Sobolewskis in Büchern und Katalogen
1979: „Carlfriedrich Claus, Sprachblätter + Klaus Sobolewski, Bilder“, Galerie
„Clara Mosch“, Katalog (Abbildungen und Texte), Karl-Marx-Stadt
1983: „DOC(K)S No. 54 LES ALLEMANDS. PRINTEMPS 83.“ Buch (Abbildungen und
Texte), Paris
1987 Buchveröffentlichung: „nicht/worte“, Gedichte, Gertraud Scholz Verlag
1990: Carlfriedrich Claus: „Erwachen im Augenblick“, Buch (mit Abbildungen),
Karl-Marx-Stadt/Münster
1992: Klaus Sobolewski: „Grafik + Malerei“, Katalog (Abbildungen und Texte),
Zwickau
1993: „AKADEMIE 1993“, Katalogbuch (mit Abbildungen), Berlin
1994: „Landschaft II“, Katalog (Abbildungen und Texte), Baden-Baden
1995: „OMEN MENE / ENEM NEMO: KLAUS SOBOLEWSKI“, Katalogbuch (Abbildungen und
Texte), Chemnitz/Berlin/Köln
1996: „ERWORBEN 1992-1995“, Katalogbuch (mit Abbildungen), Dresden
1998: Christa Wolf und Gerhard Wolf: „Unsere Freunde, die Maler. Bilder, Essays,
Dokumente“, Buch (Abbildungen und Texte), Gerhard Wolf Janus press, Berlin
1998: „Zeitgenössische Graphische Folgen“, Katalog (mit Abbildungen), Sammlung
Vogel C. & C., Prora bei Binz (Rügen)
2004: Zeitschrift „Mitteilungen“, Deutsche Exlibris-Gesellschaft, (2004-1, mit
Abbildungen)
2004: Werkverzeichnis Griffelkunst 1976-2000, Band II (mit Abbildungen),
Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.
2005: Katalogbuch "Schrift. Zeichen. Geste. Carlfriedrich Claus im Kontext von
Klee bis Pollock" (m. Abbn. u. Text), Chemnitz
2006: "Klaus Sobolewski. Zum Gedächtnis", 42 S., 1. Auflage 2006, herausgegeben
vom Kunst-Keller Annaberg e.V., mit Texten von Prof. Dr. Klaus Ramm, Brigitta
Milde, Peter Huckauf, Thilo Götze Regenbogen, Gerhard Wolf, Ursula Lang, Michael
Goller, Jörn Michael, Jörg Seifert und Klaus Sobolewski
Texte von Klaus Sobolewski (Auswahl)
Morganas Tränen verfließen in den Sphären.
Ein Lichtwesen aus Wasser. Kühl und klar.
Und plötzlich offenbart sich uns ihre Sehnsucht
in einem Regenbogen. Ungreifbarer Hoffnung.
Freude. Morgana ist nur Auge. Sonnenhaft in
erlernter Wirklichkeit. Unvorhersehbar.
Klaus Sobolewski, 24. Januar 1987
-wie hasse ich mein jahrhundert – mein leben und meinen tod –
deine geburt steht noch aus: - und dein suchen wird
sich oft wiederholen – hast du gefunden so sei es
unser – wie in uralten zeiten – als wir uns noch
kannten – du sagst ein neues gestirn voraus – denn
mutation sei dein lohn –
klaus sobolewski
15.4.1992
Meine Blätter wollen Ihnen in die Augen sehen.
Die Erinnerung an jeden Blick macht unser Rätsel lösbarer.
Klaus Sobolewski
15.8.1996
Der Schnee-Frühling
duftet feucht
in Lichtsehnsucht
Klaus Sobolewski; 14. Februar 2004
Erdsalze
glimmen weiß
im fluss
Klaus Sobolewski; 7. Oktober 2004
Wolken lernen was Raum ist
Luft-Schiffe messen Meilen und Magnetfelder zur Orientierung.
Und seit jeher wurde Licht am Himmel sehr geschätzt.
Wenn Gewölk aus Wasser ist, sind nicht die Ozeane auch über uns? Ich sehe in
diesen Mikrotropfen aus großer Entfernung Gebirgs- und Formenwesen, die
auftauchen, sich verändern und verschwinden. Jeder wird es beobachten. Ich
empfinde aber die Sehnsucht, so zu sein, wie Wasser. Wäre ich wie Wasser, nichts
könnte mir widerstehen!
Das Weibliche besitzt diesen Wasser-Sog-Aspekt. Deshalb sehnte sich der
Homunculus nach dem Meer, in dem er zerschellte. Auch wir verändern den Ort
ständig (welches Ziel). Verweilen kurz, verändern uns. Das Weibliche weist uns
dunkel den Weg. Es gibt kein Entrinnen.
Ewige, schöne Konfrontation, oder besser: “Dialog” mit dem Schwachen. Wasser ist
anpassungsfähig und immer in neuer Gestalt bildet es am Himmel eine
Wechselwirkung mit dem Zukunftsgestirn. Wir sollten dem Weiblichen, weil
Zukünftigem – auch in uns – mehr vertrauen. Denn schließlich wollen die Adepten
Hochzeit feiern.
Klaus Sobolewski
19.06.2006
Die kleine Prinzessin
Die kleine Prinzessin wuchs im Land des Dau und De auf. Sie war hübsch und
zierlich, ja fast zerbrechlich anzuschauen, hatte schwarze Augen wie zwei tiefe
Seen und war sehr musikalisch. Außerdem konnte sie zaubern: Sie konnte immer Gut
und Böse vorher unterscheiden. Sie war so sensibel und benervt, daß ihr großes
Volk nie Hunger litt, weil sie alles fühlen konnte. Und ihr Reich war voller
bunter Farben. Als die Magier von der schönen Prinzessin hörten, wollten sie ihr
das Geheimnis ihres Zaubers entreißen.
Als das die kleine Prinzessin fühlte, denn sie konnte alles fühlen, nahm sie das
Dau und De in ihrem Herzen mit und verließ ihr Land. Weil die Prinzessin nicht
nur schön, sondern auch klug war, schenkte sie das Dau und De der ganzen Welt
und dem Universum. Die Magier wurden so also von der Prinzessin ohne zu kämpfen
schon vorher besiegt.
Nun lebt die hübsche Prinzessin lange und glücklich und unerkannt an einem
anderen Ort.
Kaum einer kennt heute noch das Dau und De.
Und die kleine Prinzessin kennt auch keiner.
Wer sich aber die Mühe gibt, fühlt das Dau und De noch heute in der großen Welt.
Sie sind immer da und beschützen alles. So endet mein kleines Märchen. An einem
fernen Tag, wenn viele Worte schweigen, wird etwas Seltsames geschehen.
Klaus Sobolewski
21.06.2006
Carfriedrich Claus zu den Arbeiten von Klaus Sobolewski
Laudse, Paracelsus, Poe, Castaneda stimulieren Klaus Sobolewski, sich selbst
zu realisieren. Er hat Sensibilität für das Ineinandergreifen von Vergehen und
Werden im Körper, in der materiellen Welt, und spürt Bezugssysteme,
Erlebnisbereiche, die zum großen Teil noch terra incognita sind. Seine daraus
resultierenden Bilder sehe ich als Chiffren der Hoffnung.
Carlfriedrich Claus, 1979
Kreidige Zeichen seines Sehnens: Nicht ins Dachgeschoß leitet die Wand sie
weiter, sondern zum Fundament.
Klaus Sobolewski kennt das im Dunkel. Ohnmacht. Verzweiflung. Aggressivität.
Zwang, Gefahr, Macht. Und Langeweile. Tricks. Rausch. Einsamkeit. ... Sobolewski
öffnet als Experimentator alle Schleusen. Enthemmt durchwälzen seinen Körper
unterschwellige Triebströme, stauen sich in seinen Händen, fluten zurück,
überschwemmen sie. Bis der Damm bricht. Der Produktionsprozeß beginnt. Seine
figurierende Kraft reicht vom Hauch, der eben beginnt, kristallin zu werden
(schwerelos schwebendes Zeichen) bis zu brisanter Dynamik, vom Mineralreich des
Geistes über erotische Trance bis zu Gewalt, Terror und Widerstand.
Mit Experimentalfilm, plastischen Objekten, Texten aktiviert Sobolewski andere
Distrikte seiner Begabung. Er versteht sich selbst als Prozeß aus Prozessen,
widersprüchlich trägen und vehementen, unbewußten und bewußten. Manche seiner
Zeichen – gewonnen durch inneren Ausbruch aus Enge, Resignation, dem Gefühl der
Sinnlosigkeit – übermitteln nukleares Schweigen, haben Transparenz für die
Möglichkeit nicht mehr entfremdeter Welt.
Carlfriedrich Claus
in: Klaus Sobolewski, Expedition und Sprengung, 1983
Gerhard
Wolf
Das magische Quadrat
Hinweise zu den Arbeiten von Klaus Sobolewski
„O Leben, Leben, wunderliche Zeit
von Widerspruch zu Widerspruche reichend...“
(Rainer Maria Rilke)
Die uns umgebende äußere, die uns motivierende innere Welt nicht als Abbild,
sondern in selbsterkundeten Zeichen und Konturen zu erfassen und auch wieder als
Rätsel zu bestaunen, es ist Klaus Sobolewski schon früh vertraut, wie anderen
der Umgang mit den Konventionen tradierter oder realistischer Bilder. Er sucht
und findet resümierende Chiffren, verkürzte, verdichtete „Codes“, Gravuren einer
„Wandlung“, deutlich sich abzeichnende Spur im Kontext gegenwärtiger
Kunstausübung: um Prozesse der Wirklichkeit und das eigene komplizierte
Verhältnis zu ihnen zu erkennen, zu begreifen.
Natürlich geschah das nicht von ungefähr. Durch Carlfriedrich Claus, der dem
Heranwachsenden den Blick für modernes Experimentieren öffnete, indem er ihn
einfach an seinen Arbeitsvorhaben teilnehmen ließ, an ihm, man kann es ruhig so
nennen, Vaterstelle vertrat, die übergangslos in teilnehmende Freundschaft
mündete, wurde Sobolewski ein solches Kunstverständnis – ungewöhnlicher Vorgang
– sozusagen schon von Kindesbeinen an vermittelt. Wie anderen der Umgang mit
Lehrstoff und Märchen, wird es von ihm wie selbstverständlich aufgenommen,
provoziert ihn zu eigenständigem Nachsinnen und Tun. Eine aus unmittelbarer Nähe
persönlicher Beziehung heraus sich ergebende erste schöpferische Erfahrung, die
er mit Gleichaltrigen in der Schule, bei späterer Berufsausbildung und der dann
vollends als Zwang ertragenen Wehrpflicht nicht teilt. Keine „Laufbahn“, sonder
Entwicklung, die ihn auch von mehrheitlicher Übereinstimmung und Anpassung
trennt, ausschließt, aussondert, auch von den geübten modischen Ritualen
jugendlichen Amüsier- und Konsumverhaltens. Er – wie in Gegensatz zu einer eher
körperlich robusten Erscheinung – eine in sich gekehrte, sensibel-grüblerische
Natur, wortkarg im Umgang, zurückhaltend. Ein junger Baufacharbeiter, der sich –
geheime Leidenschaft – für übersinnliche Erscheinungen und magische Kräfte
interessiert (er läßt sich schon als Schüler die Werke Carlos Castanedas aus dem
Westen mitbringen), um sich aus den Widrigkeiten alltäglichen Frusts und ihm
wiederstrebender Empfindungen ein unabhängiges psychisches Universum zu
entwerfen. Damit ist ihm, der den Abenteuern des Geistes einen höheren
Stellenwert einräumt als den gesellschaftlichen Bedingtheiten – im letzten
Jahrzehnt der DDR für kritische junge Leute oft unerträglich – ein
konfliktreicher Weg vorgezeichnet, selbst wenn er die offene Konfrontation nicht
sucht.
Schon mit siebzehn registriert und reflektiert Klaus Sobolewski, allen
ideologischen Belehrungen und ihren Sprachhülsen abhold, seine zwiespältige
Wahrnehmungen und Gefühle. Seine ersten Texte, stigmatisiert von pubertärer
Selbstsuche, nicht ohne weltschmerzliches Sentiment, kreisen um die Worte
„einsam“ und „fremd“ als Grundempfinden. Es kostet ihn auch später noch immer
Anstrengung, sich ihrer Aura, ihrem unwiderstehlichen Sog zu entziehen. Sie
werden ihn weiter verfolgen und peinigen; er erlebt sie in krisenhaften Phasen
buchstäblich existentiell bis hin zum Akt der Selbstbefreiung, der
Selbstvernichtung. Und vielleicht half ihm letztlich nur seine Kunst, „gewonnen
durch inneren Ausbruch aus Enge, Resignation, dem Gefühl der Sinnlosigkeit“
(Claus), dieses Leben für sich zu bestehen. Indem er sich selbst sichtbar werden
läßt, seine innere Welt mit ihren Bedrohungen und rettenden Visionen darstellt,
schreibend, zeichnend, malend, sich in grafischen Techniken übend. Um für dieses
Bemühen, aus Lust und Schmerz, schließlich die konstatierenden Wort-Figurationen
zu finden: sein magisches Quadrat. Ein anagrammatisches Labyrinth aus ominösen
Verweisen. Unsichtbare Schrift an der Wand. Kurioses und bedenkliches Spiel.
Nichtendende Exkursion auf der Suche nach sich selbst.
Dazu hier erste Hinweise und Assoziationen.
Bildausschnitt: Magisches Quadrat von Klaus Sobolewski
1) Omen
Omen (lat. Mehrz. Omina), bei den alten Römern und noch jetzt Bezeichnung für
bedeutsame, Glück oder Unglück verkündende Zeichen, die sich zufällig und
ungesucht darbieten. Die Römer glaubten bei einem ungünstigen Zeichen, das
drohende Unheil durch Opfer oder Sühnung oder auch dadurch abwenden zu können,
daß sie ihm zugleich eine passende glückliche Bedeutung unterschoben...
(Brockhaus’ Konversations-Lexikon 1903)
So ist das also: man findet vorbedacht, oft aber auch unbewußt, Signaturen,
widrige Umstände dadurch zu bannen, indem man sie sich vor Augen führt; deutet
selbst Unheilsbotschaften um, gewinnt ihnen, selbst in schwierigen Situationen,
da einem nicht nach Glückhaben zumute ist, kreative Momente ab.
Seine ersten Bilder, die der gerade siebzehnjährigen Klaus Sobolewski 1979 nicht
in Zusammenwirken mit einem geförderten staatlichen Kunstzirkel, sondern in der
von der Künstlergruppe „Clara Mosch“ gegründeten Galerie Adelsberg vorstellen
kann, zeigen auf eruptiven Blättern, die seine Texte waghalsig und kühn
übertreffen, von wem er sich aus- und welchen Bestrebungen er sich anschließen
will. Im Kreis der schon namhaften Karl-Marx-Städter, neben Claus: Ranft,
Ranft-Schinke, Morgner, Schade, die sich heftig und auch demonstrativ vom
offiziellen Realismus verabschiedet haben, sich in aktionsreicher Performance
ihren Freiraum einer neuen Schaffensphase erstreiten, ist er der weitaus jüngst,
der sich tastend orientiert, wohin die Reise gehen soll. In die variationsreiche
Zeichensprache der Abstraktion eingeweiht, von Carlfriedrich Claus immer
angeregt, sich aus alltäglichen Verstrickungen und Selbstzweifeln zu lösen,
sucht er nach strukturellen Elementen und Symbolen eigener schöpferischer
Identität, die sich aus verhaltener Meditation – erlernte Techniken und
Einflüsse immer souveräner ausspielend – plötzlich wie erlöst offenbaren kann.
Aber erst diese Ausstellung des heute über dreißigjährigen Klaus Sobolewski von
1994, die auch bisher Unbekanntes, Verborgenes oder Zurückgehaltenes vorzeigt,
und damit einen Überblick über seine bisherigen, vielgestaltigen Versuche
erlaubt, macht sichtbar, wer da in aller Stille, von manchen gar übersehen,
herangewachsen ist. Über welchen Fundus an Einbildungskraft – düstere
Melancholie „– am ende – an der grenze – angst vor dir selbst zu bekommen – die
identifikation birgt – ...“ und traumatische Phantasie er verfügt! Wie neben die
emotionalen Ausbrüche kontrastreicher Schwarz-Weiß-Wirbel, die jede Fixierung
auf Titel und Themen vermieden und ihre Intentionen den Betrachtern
anheimstellen, die gleichzeitig oder früher entstandenen Bildern aufleuchten,
die – mit Farben nicht geizend – naiv und exzentrisch zugleich, direkt und
surreal seine selbsthelferischen Omina malerisch in Szene setzen „– wenn du
einmal in den himmel sehen solltest – und er dadurch blau wird – kennst du den
weg der verrückten –“... Da Schmerz und Schwärze sich, wie verwandelt nahezu
heiter, in anspielungsreichen Sujets umsetzt. Etwa im Bild „Realität dieses
Tages“ von 1977 mit dem Hoffnungszeichen des Regenbogens vor einem blauen,
sonnenüberstrahlten Himmel über einer anonymen dunklen Erdebene, aus der sich
Sinnbilder für menschliche Ratio und Konstruktionsfähigkeit erheben: Kugel und
Pyramide mit den eingezeichneten Hieroglyphen magischer Quadrate – Omen und
Allegorie nicht alltäglicher Wirklichkeit.
2) Mene
Mene mene tekel upharsin lautete nach Daniel (Kap. 5) die rätselhafte Schrift,
die der babylonische König Belsazar während eines Gastmahls von Fingern einer
Engelshand an die Wand seines Speisesaals schreiben sah. Keiner seiner Weisen
konnte die Schrift lesen; nur Daniel soll sie auf den Übergang der Herrschaft an
die (Meder und) Perser gedeutet haben. Nach der neuesten Erklärung bedeuten die
Worte: „Eine Mine, eine Mine, ein Sekel und Halbminen“ (Nöldeke) oder: „Eine
Mine, eine Mine in Sekel, und zwei Halbminen“ (Hoffmann). Daß in dem letzten
Wort „pharsin“ eine Anspielung auf die Perser beabsichtigt ist, wird allgemein
angenommen. (Brockhaus’ Konversations-Lexikon 1903 – Mine: ein Gewichtsmaß)
Daß die warnenden Zeichen vor drohendem Untergang oder Ende (einer Epoche?)
längst von Menschenhand nicht nur an Mauern sichtbar werden, sondern zum
Inventar der Kunst gehören, ist nicht nur der Postmoderne bekannt. Klaus
Sobolewski möchte seine skizzenhaft hingeworfenen oder kühl kalkulierten
Warnungen – da sich sein Abbild auf Fingerabdrücke, Schattenrisse, oder einfach
auf das genormte Kürzel PKZ (Personenkennzahl) reduziert, schon auch als
Hiobsbotschaft verstanden wissen. Auskünfte, konzentriert in „Codes“,
„Daktyloskopie der Psyche“ im Mäander einer Gouache oder als Skriptur für „die
Flexibilität unseres genetischen Codes, die Gespräch erst möglich macht.“ Er
greift zur Montage aus geschriebenem Wort, objektivem Background und
subjektiv-gestischem Pinselstrich. Etwa auf dem Blatt, das die handgreifliche
Figur (Umrisse eines Mannes in Yoga-Stellung wie aus einem entsprechenden
Lehrbuch) vor der Landkarte eines Ausschnitts von unserem Globus (hier der
Antarktis bis Neuseeland) zeigt und wie als Resumé dazu Zeilen wie diese; „–
auch du wirst einmal sterben – und die Zeit eilt und keine Sekunde kehrt zurück
– Augenblick.“
Es ist nun an uns, das Menetekel zu entschlüsseln. Eben erreicht zum Beispiel
mich, während ich dies schreibe, die Nachricht, daß die dünne Ozonschicht im
benachbarten Australien die Menschen dazu zwingt, das Sonnenlicht zu meiden oder
nur in schützender Kleidung, Rettungsschwimmer am Strand in Schutzanzügen,
Kinder nur eingecremt mit Sun Blockers höchsten Grades, ins Freie zu gehen.
Ich lese Klaus Sobolewskis kosmologische Blätter als Menetekel für die alle
Augenblicke auf uns einstürmenden Unheilsbotschaften, die zugleich auch als
Annäherung zur Kommunikation aus immer übermächtiger werdender Entfremdung
gelesen werden können, überall auf diesem Erdball und direkt vor unserer
Haustür.
„Und somit finden wir am Ende uns selbst. So wie wir einst waren. Sind. Bereit
zum ständigen Vergleichen“, schreibt er dazu 1990 wie als Selbstermutigung, die
ihm – schauen wir uns die Blätter nur nach ihrer Entstehungszeit an – vor Jahren
kaum möglich gewesen wäre.
3) Enem
Ene mene ming mang,
kling klang ose pose packe dich,
eia weia weg.
(Deutscher Kindervers)
Betroffene sind beileibe nicht nur Kinder von Traurigkeit. Wiederum nicht
zufällig kommt Enem... Sobolewski so ein Reimvers in die Quere und zupaß.
Betroffenheit löst sich in entspannter Burleske seines Temperaments, er läßt
sie, manchmal vielleicht zu sparsam, aufblitzen oder durchscheinen. In der
Kindersprache ungetrübter Naivität, die oft nur Klangassoziationen aufnimmt, und
sich den Teufel um Sinn, Logik und Erklärungen schert, gehört sie zur
Tagesordnung. Apropos Ordnung: die Radierung „Codes 4“ von 1986: da nimmt er
doch in treffender Travestie einen militärischen Appell auf den Kieker – um im
geübten Jargon zu bleiben – musternd aufs Korn: eine Einheit ist zum Rapport
angetreten, fein aufgereiht die Männer vor den Offizieren. Aber von den Soldaten
sind nur die Achsel mit den Schulterstücken, die „Krätzchen“ darüber zu sehen,
die keine Köpfe darunter erkennen lassen, ebensowenig wie die Mützen die Häupter
der Offiziere. NVA aus der Vogelperspektive, späte Rache des Gemeinen
Sobolewski. Denn natürlich steht da – mit seinen Augen von oben gesehen – einer
der Silhouetten-Kameraden schräg im sonst akkuraten wie mit dem Lineal gezogenen
Muster von Reih und Glied. Und einem anderen sitzt doch das Schiffchen schief.
Und die Offiziere auf dem Podest, stehen, so betrachtet, wie in einem von
Kinderhand „verkehrt“ gezeichneten Tor eines Fußballfeldes. Warum ich gerade
diese Grafik hervorhebe, indem ich sie aus meiner Sichtweise ausführlich
beschreibe? Mir gefallen diese persiflierenden Attacken Sobolewskis, wenn er,
und nicht nur hier, über die Stränge schlägt; Strenge, die er sich sonst
auferlegt, durchbricht, wie ich es so nur bei ihm entdecke; auf seinen Bildern
und Grafiken, nicht in seinen Texten. Wenn es heiter mit ihm durchgeht, wie ich
es persönlich von ihm kenne, sein von Herzen kommendes Lachen. Sein Humor, der
zauber- und fabelhaft in manchen Bildeinfällen zum Vorschein kommt. Schließlich
in einem Bild offen triumphiert, wie in dem von 1977, da er die in Farben und
Traumsymbolen geradezu schwelgende untermeerisch-transparente (oder aquarisch
überirdische) Landschaft entwirft, die er, listig, „Sehnsucht nach dem
Bekannten“ betitelt, während sie doch paradox dazu Nicht-Greifbares,
Nicht-Bestehendes mit geflügelten Wesen (ich sehe eine gelbe Fledermaus) und
beziehungsreichen Signen (ich erkenne das markante Kürzel für das Prinzip
Yin-Yang) märchenhaft belebt. Ich möchte auffordern, solche Sylphen, Symbole und
Syllogismen – oft konträr zu diesem heiteren Tableau – in vielen seiner
Konstellationen und Bildarrangements zu entdecken. Spielraum für Düsternis und
Aufhellungen. Ein anderer Kindervers skandiert sarkastisch:
Ene mene mente,
drei goldene Ente,
drei goldne Tücher,
drei goldne Bücher,
schnipp schnapp, Hahn ab,
geh du kleiner Hundsfott ab.
4) Nemo
nemo (lat.) niemand.
Nemo: Kapitän der „Nautilus“, des Unterseebootes in Jules Vernes
Science-fiction-Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ von 1869.
nemo ultra posse obligatur: Niemand ist über das Können hinaus verpflichtet.
Schon die Arbeit von 1976, die ein reales Kreissägeblatt als eine Hälfte eines
sonst stumpfen Kreises, durch kegelförmige Einschnitte von ihm getrennt, kraß
konturiert, hat Klaus Sobolewski „Nautilus“ betitelt. Und das Synonym für
„niemand“ und jenen sagenhaften Kapitän Nemo, der lange vor der Erfindung
tauchfähiger Boote mit seinem meeresungeheuerähnlichen Schiff, das alle
technischen Errungenschaften vorwegnimmt, durch die Weltmeere fuhr, kam ihm
gerade recht, den Gegensatz zwischen der Leere (die er oft benennt), dem
konturlosen Nichts und einem ausschweifenden, daseinserfüllten Leben voller
Abenteuer und Forschergeist nachzuempfinden. Der Reise durch die Welt mit ihrem
unübersehbaren Formenreichtum entspricht der Wille, das Unsichtbare unseres
inneren Lebens, auch soweit es noch nicht zu beschreiben ist, in Formen und
Farben ahnungsvoll zum Ausdruck zu bringen; sich einem philosophischen Anspruch
zu stellen, dem er, er weiß es bis zur Verzweiflung, eigentlich nie gerecht
werden kann. Jede Äußerung ist nur Annäherung, anderen davon mitzuteilen. Da er
sich keiner modernen philosophischen Lehre oder Ideologie anschließen will,
bleiben seine Blätter Fragmente eines eigenen inständigen Entwurfs, dafür
seismographisch Zeichen zu finden. Sich dem Strich, den die Hand ausführt,
spontan zu überlassen, sich ihm anzuvertrauen. Dem Impuls zu folgen, „bleibende
Spuren“ in die Platte zu graben – Strukturen des Selbst, nicht platte
Wiedergabe, „Spiegelbild.“
Zug um Zug können wir verfolgen, wie er seine innere Landschaft vor uns
ausprägt, der die Worte, die er für dieses Projekt zu finden sucht, kaum
nachkommen. Er sagt einmal, sie „strömen zurück in das Tönen des Universums.“
Aber das ist eben nur eine annäherungsweise, unzureichende Entsprechung. Die mir
allerdings vor Augen trat, als ich kürzlich Satellitenaufnahmen von unserem
Blauen Planeten sah, die in ihrer anschaulichen und abstrahierenden Wiedergabe
Bildstrukturen ähnelten, wie sie Klaus Sobolewski vor uns unmittelbar entwirft:
Sinneseindrücke in visionäre Bewegung umgesetzt, Vitalität in handgreiflicher
Geste und Reflexion, offene psychische „allumschließende“ Strukturen, Niemands-
und Jemandsland. Rilkes eingangs zitiertes Gedicht endet mit den Zeilen:
„Wir stehn und stemmen uns an unsere Grenzen
und reißen ein Unkenntliches herein.“
Klaus Werner
Den Himmel sehen, der dadurch blau wird
Erste Zusammenfassung der Blätter von Klaus Sobolewski in der Galerie oben
Den Himmel suchte der junge Autodidakt unter dem Druck der Wünsche. Näher
gekommen ist er ihm im Zustand des Erfindens. Die Wechselbäder zwischen der
kollektiven Flucht in die „Disco-Time“ und Auswurf in die Wirklichkeit hatten
ihn früh über Kontakt-Not und verlorene Wärme belehrt. Sie haben die Haut des
Einzelgängers dünn gescheuert. Gute Bedingungen für Kunst? Wenn man den Zynismus
der Frage überhört – ja.
Die ersten Blätter zeigen tatsächlich das Himmelblau, einen Hauch Teneriffa,
Palmen und die ominösen, schwarz konturierten Brocken von Felsgestein. Der
Zustand von Melancholie ist unübersehbar. Im nach innen gesprochenen Monolog
„Leere zieht durch alle Dinge“ macht sich Sobolewski keine Illusionen mehr. Das
war 1983. Inzwischen hatte der junge Bauarbeiter schon wenigstens fünf Jahre
gezeichnet und geschrieben. Carlfriedrich Claus hatte 1979 den Freund zu seiner
Ausstellung in den Mosch-Club eingeladen.
Die frühen Blätter erschienen wie Empfindungen ohne Thema. Sie waren voller
Unruhe, zugleich disparat und zurückhaltend. Die Formen rangen nach einer
Ordnung, die dem Künstler noch nicht zur Verfügung stand. Damals war Sobolewski
17 Jahre alt. Seine Lage zu verbalisieren, im Chaos harmonisierte Zeichen zu
ergreifen, waren die ersten Schritte weg von der Entwurzelung. Rückschläge
blieben nicht aus. Die allmähliche Einsicht in den „l’homme maudit“ und das
depressive Gefühl der Unentrinnbarkeit stellten Sobolewski mehrmals an den Rand
der Katastrophe. Der Ausweg „Kunst“ ist kein wirklicher, solange er nicht Besitz
ergreift. Den Vorgang der Besitzergreifung aber zeichnet die Ausstellung nach.
Er ist auch heute noch in einem empfindlichen Status nascendi. Die Arbeit hält
sich absichtlich knapp unterhalb eines strukturierten Ausdrucksbedürfnisses. Das
Ziel um jeden Preis wird vermieden. Das dämpft den Stil und damit die
Eindeutigkeit. Aber der Betrachter erfährt eine „Seelen-Einsicht“, eine stets
wechselnde und wandelbare Offenlegung, emotionale Felder und weiche Übergänge.
Harmonischer Fonds und harte Abgrenzungen, Claims voller Vernunft und Willen.
Die Suchwege und Findungen werden neuerdings wieder durch farbige Akkorde
gestützt. Der Körper kehrt aus der spielerischen Arabeske langsam zurück. Aus
den Vibrationen werden zufassende Gesten, Räume.
Es ist kein Geheimnis, daß vieles an diesem Werk vom Zuspruch des Freundes
kommt. Sobolewski versucht Claus auch gar nicht auszuweichen und antwortet doch
ganz anders. Beide gemeinsam schufen eine Reihe von grafischen Mappen. Die Folge
„Dialoge“ ist ein tiefgreifendes Zwiegespräch.
Von Anfang an hat Claus den Komplex „K. S.“ stärker thematisiert als umgekehrt.
Für ihn war die „Observation einer Observation“ (Radierung 1983/88) ein Beweis
seiner antikomtemplativen „Lebenstheorie.“ (Wobei ich den experimentellen Ansatz
einer solchen Beobachtung nicht im geringsten über den humanen stellen will.)
Sie hebt den erhaltenden Zustand der Kunst über den zerstörerischen der sozialen
Vereinsamung. Die Claussche „Lösung des Banns“ ist das andere Wort für
Befreiung, Figuration, für Entlassung in die Selbständigkeit. Allerdings stehen
Rettung und Verhängnis wie so oft nebeneinander. Jede experimentelle Situation
ist auch eine hypothetische. Eine Beweislast darf man hieraus keinem aufbürden.
Vor einem Jahrzehnt trennte eine transparente Folie die Akteure. Sobolewski
entschied damals: „... jetzt stehe ich vor meinem toten Körper.“ Claus hingegen
sah zur gleichen Zeit bereits den Eintritt in die „nicht mehr entfremdete Welt.“
Die Unterschiede sind noch nicht gelöscht, doch die Protokolle sind sich 1994
nähergekommen.
Michael Goller zu Klaus Sobolewskis Plastiken
Klaus Sobolewskis Skulpturen enthalten die Spannung des Noch-Nicht-Gewordenen und die Frage, welche Konkretisierung hinsichtlich der Form und Funktion sie nehmen könnten. Der sich andeutende dialektische Prozess zwischen dem möglichen Bedeutungsgehalt der Zeichen auf der Oberfläche und der dynamischen Organik des möglichen Plastikkörpers lässt die Vermutung einer vorausgegriffenen Synthese aufkommen. Einer Synthese, die in einer möglichen Zukunft real sein wird und dann mit einer Relevanz vor-verdichtet sein wird. Dabei wird es sich nicht um ein atavistisches Phänomen des Sehens handeln, sondern vielmehr um den natürlichen Entstehungsprozess im Schaffen von Klaus Sobolewski, der interchronologische Sprünge zulässt und sogar erfordert.
Michael Goller, Chemnitz, 5/2005
„Er hat oft einen hohen Preis in seinem Leben bezahlt“
Zum Tode des Malers, Grafikers und Dichters Klaus Sobolewski – Weggefährten
erinnern an den einsamen, ungewöhnlichen Künstler
Chemnitz. „... wie hasse ich mein jahrhundert – mein leben und meinen tod ...“
Gestern erschien die neue Ausgabe der Künstlerzeitschrift „Laterne“ in Chemnitz.
Sie enthält auch Texte und Bilder von Klaus Sobolewski, darunter die zitierten
Verse aus dem Jahr 1992. Die Worte sind sein Nachruf geworden: Am 3. Juli nahm
sich der Maler, Grafiker und Dichter das Leben. Er wurde 43 Jahre alt.
Wie immer, wenn ein Mensch in den Tod geht (was ja nie freiwillig ist, wie es
das Wort „Freitod“ scheinheilig suggeriert), bleiben mehr Fragen als Antworten.
Heißt es nicht, dass Gott immer auch eine Tür öffnet, wenn er eine schließt?
Warum sieht man die Tür nicht? „Er wird mir sehr fehlen, als trauriger Freund“,
sagte der Chemnitzer Künstlerkollege Osmar Osten gestern der „Freien Presse“.
Bekannt wurde Klaus Sobolewski als einziger Schüler von Carlfriedrich Claus, mit
dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Nach dem Tod von Claus zog sich Klaus
Sobolewski immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurück. „Solch ein enges
Lehrer-Schüler-Verhältnis ist selten“, so Osten, „da gab es früher auch
künstlerisch eine große Nähe. Aber ich schätze Klaus Sobolewski, seine Ölbilder
zum Beispiel, auch als eigenständigen Künstler. Er ist sicher oft missverstanden
worden und gehört zu den weit unterschätzten Künstlerpersönlichkeiten in
Chemnitz.“ Er habe mehrfach versucht, auch für Klaus Sobolewski ein Podium zu
schaffen, aber, bedauerte Osmar Osten, „es ist mir nicht gelungen“. Die
Ausgrenzung sei für den Künstler wohl sehr hart gewesen. Und dennoch habe er nie
um des Geldes willen „irgendwelchen Mist“ versucht. „Wir brauchen solche
Originale, solche Außenseiter – Klaus hat in seinem Leben oft einen hohen Preis
gezahlt“, zeigt sich der Künstlerfreund berührt.
Ebenso Galerist Uwe Kreißig: „Das belastet mich. Es sind doch viele Künstler
psychisch schlecht drauf. Diese Diskrepanz zwischen dem irrsinnigen Hype des
Welt-Kunstmarktes und der Begrenztheit im Regionalen ... und dann ist ja der
Schatten von Carlfriedrich Claus auch sehr, sehr groß ... vielleicht kann man
daran zerbrechen. Wenn wir uns begegnet sind, das war immer freundlich und
schwierig. Es gab ja nach dem Tod von Claus auch keine künstlerische Vertretung
mehr für ihn...“ Eine Bühne hatte Klaus Sobolewski noch in der Zeitschrift
„Laterne“. „Wir hatten kaum persönlichen Kontakt“, so Laterne-Redakteur Andreas
Schüller, „haben nur telefoniert. Doch wir haben seine Beiträge immer als
Bereicherung empfunden.“ In einem der letzten Texte geht es um eine Prinzessin,
die „das Dau und das Dee“, Sinnbilder für Weisheit und Glück, hütet. „Sie sind
immer da und beschützen alles“, heißt es in dem Märchen. Klaus Sobolewski hat
sich wohl am Ende nicht mehr beschützt gefühlt. Seinem Wunsch gemäß, wird er
morgen, 13.30 Uhr auf dem Neuen Friedhof in Annaberg beerdigt. Ebenfalls morgen,
10.30 Uhr findet in den Kunstsammlungen Chemnitz eine Gedenkfeier statt.
Von Matthias Zwarg , 11.7.2006
Jörg Seifert an Klaus Sobolewski
aus den „freundesbeschimpfungen“ (06/1995, ergänzt 07/2006)
für klaus sobolewski
klaus, du arschloch ich liebe dich
ob deiner treumenden augen und deiner
waschmaschine: deiner bodenlosen existenz
08-15 x 77 in 09123 chemnitz
quadrat, fläche, kreis, wo
sterne stürzen, in täler rollen
von bergen aus eis, wie gelächter:
trauer getaut, unentrinnbar
fatum
hier am ende der welt, unvergessen verlassen
ging dir die welt verloren -du uns- und der saft aus... am ende
konntest du uns nicht mehr ertragen, vielleicht auch dich nicht
müde der wiederholungen hattest du auch die möglichkeiten
machtlose spiele, satt
dein letzter wille: wasser zu sein, dem nichts widersteht
färbte die sehnsucht nach schnee, das abendrot
tropfte vom tisch, hier am arsch der welt noch einmal
den eigenen hochbekommen, flagge zu zeigen
ich hasse ich liebe wer weiß
was ich sah. der homunculus zerschellte...
es bleibt: erinnerung an licht
ich war noch mal bei dir, gestern. das futterhäuschen neben deinem fenster
im dritten stock verwaist -ein anachronistisches objekt an der neubauplatte
die kakteen hinter trüber scheibe ratlos, rings verfall, leergezogene wohnblöcke
nur auf deine fenster zu wuchs eine kletterpflanze
-fast hatte sie dich erreicht
jörg seifert, annaberg, 11.07.2006
KLAUS SOBOLEWSKI ARCHIV
Kunstkeller Annaberg
Das Archiv wurde nach dem frühen Tod von Klaus Sobolewski (1962-2006) auf Grund des umfangreichen Materials in unserer Sammlung sächsischer Kunst gegründet. Es soll so umfangreich wie möglich das bildnerische und poetische Werk von Klaus Sobolewski zusammentragen und bewahren, sowie die wichtigsten Lebensstationen dokumentieren. Die Arbeiten des in Annaberg geborenen und zuletzt in Chemnitz lebenden Künstlers aus den Jahren 1978 bis 2006 zeigen die Entwicklung des Autodidakten, der früh von Carlfriedrich Claus gefördert wurde.
Anlässlich der Gründung des Archivs im Mai 2007 konnten folgende Arbeiten und Materialien als Bestand erfasst werden:
- über 80 Grafiken (hauptsächlich Radierungen und Lithografien, aber auch Siebdrucke und ein Holzschnitt)
- 35 Mischtechniken, Ölbilder, Aquarelle und Übermalungen
- rund ein Dutzend Fotografien und Fotogramme (Aufnahmen von K.S.)
- 2 Kleinplastiken
- rund 200 Briefe, Faxe, Postkarten von Klaus Sobolewski
- rund 60 Briefe und Karten von Carlfriedrich Claus an Klaus Sobolewski
- diverse Kataloge von Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen
- Fotografien von Arbeiten von Klaus Sobolewski und private Fotos die zu verschiedenen Anlässen entstanden
- Texte von Klaus Sobolewski, sowie ein Tonband mit von ihm selbst gesprochenen Texten
- diverse Mail-Art Materialien aus den 80iger Jahren etc…
Das Archiv bemüht sich um eine stetige Erweiterung der Sammlung, soweit dies möglich ist, bittet alle Interessierten um Mit- und Zuarbeit und steht selbstverständlich als Leihgeber für Ausstellungen jederzeit zur Verfügung.
Sinn und Ziel des Archivs ist es, das Werk von Klaus Sobolewski lebendig zu halten, bzw. erst ins öffentliche Bewusstsein zu tragen.